Das Badehaus in Steinsfurt
Die Juden von Steinsfurt hatten schon früher ein "Badhaus".
Dies ist ja nicht (nur) für die körperliche Reinigung gedacht. Eine gesetzestreue jüdische Frau muss sich z.B. nach der Menstruation oder nach der Geburt eines Kindes vollständig in „reinem” Wasser untertauchen, um selbst wieder „rein” zu sein. Neues Geschirr sollte vor dem ersten Gebrauch in „reinem” Wasser gewaschen werden. Das kann in einem Fluss geschehen, der bestimmte Bedingungen erfüllt, normalerweise geschieht es aber in einem Tauchbecken (einer Mikwe). Das Wasser muss hier entweder direkt von einer Quelle stammen oder es muss Regenwasser gesammelt werden.
Im November 1822 wird in einem Bericht unter dem Überschrift „Das nach religiösen Gesetzen gebothene Baden der Judenfrauen betreffend” festgestellt:
Dahier in Steinsfurth befinden sich 2 solcher Bäder; das eine bey Samuel Löw Weil das andere bey Moises Feis Weil, welche von sämtlichen Judenfrauen dahier gebraucht werden.
Allerdings ist zumindest das erste davon insofern mangelhaft, als ein Brunnen in der Nähe ist, der durch das abfließende Wasser des Bades beeinträchtigt wird ◊ .
Der „Synagogenrath zu Steinsfurth” beschloss 1852 „Statuten der isr. Gemeinde Steinsfurth behufs der Errichtung eines Frauenbades und Schullokales”.
Im Steinsfurter Feuerversicherungbuch liest man dann, dass die jüdische Gemeinde 1861 auf ihrem Grundstück für den Hafnerbrennofen, der dort stand, eine Mikwe errichtete. Aus dem Text „Einrichtung zu einem Badehaus” wird nicht ganz klar, ob das Gebäude abgerissen wurde oder ob es dazu verwendet wurde. Später wird das Gebäude immer wieder als „Badhaus, einstöckig” beschrieben.
Nach den vorhandenen Plänen lag das damalige Badehaus so, dass es in den heutigen Bau hineingeragt hätte. Man muss also annehmen, dass es zumindest teilweise verändert oder abgerissen wurde, als die Synagoge gebaut wurde. Umgekehrt erklärt das auch, warum im Chor das „Nordfenster” anscheinend von Anfang an zugemauert war.
In allen späteren Dokumenten taucht das „Badhaus” auf und selbst in der Grundbucheintragung von 1939 zum Kaufvertrag heißt es noch, dass der „Synagogenplatz mit Synagoge und Badhaus im Ortssetter an der Adersbacherstraße” verkauft wird ◊ .
Daher hat das Gebäude wohl mindestens bis zum Verkauf im Jahr 1938 noch gestanden.
In einer Eintragung aus dem Jahr 1939 an dieser Stelle von einer „Holzremise” geredet ◊ . Möglicherweise hat der neue Besitzer das Gebäude zu neuer Nutzung umgebaut.
Quellen:
Stadtarchiv Sinsheim, Bestand „Steinsfurt”
Vermessungsamt Sinsheim, Atlas für Steinsfurt (1864 - 1876, mit späteren Ergänzungsblättern
Grundbuchamt Sinsheim, Dokumente zum Grundstück
Generallandesarchiv Karlsruhe, A 377