Sinsheimer Synagogen
Auf den Rückseiten des Kalenders für das Jahr 2007, den Mitglieder der denkmal aktiv AG des Wilhelmi-Gymnasium Sinsheim gestaltet haben, werden die 9 ehemaligen Synagogen im Stadtbereich der Großen Kreisstadt Sinsheim beschrieben. Die meisten der Gebäude stehen heute noch.
(Die Texte geben den Stand von 2007 wieder. Inzwischen wissen wir manchmal mehr und es hat sich auch einiges verändert.)
Dühren
Ehemalige Synagoge Dühren (August)
Die ehemalige Synagoge in Dühren steht im „Gässel“ im Zentrum von Dühren, welches früher auch als „Judenwinkel“ bekannt war. Im traditionellen Fachwerkstil erbaut präsentiert sich die vielleicht einzige noch erhaltene Scheunensynagoge in der Gegend heute äußerst baufällig und heruntergekommen.
Die Synagoge von Dühren war bereits im 18. Jahrhundert dem Verfall nahe gewesen, wurde dann aber finanziert durch Spendengelder in den Jahren 1828-30 neu erbaut. 1825 lebten 36 Juden in Dühren, ihre Anzahl stieg während des folgenden Jahrzehnts weiter auf ca. 50 Personen. Als es um 1875 jedoch immer weniger jüdische Gemeindemitglieder in Dühren gab, beschloss man, die Synagoge aufzugeben. Sie wurde am 12. November 1877 öffentlich versteigert und von da an als Scheune genutzt. Aus diesem Grund blieb sie auch in der Reichspogromnacht 1938 unversehrt. Heute steht sie unter Denkmalschutz.
Nachtrag 2015:
Die ehemalige Synagoge von Dühren ist im Sommer des Jahres 2015 abgerissen worden. Die Teile sind „eingelagert“ worden, damit sie später als Dekoration an dem Investitionsobjekt verwendet werden können, das an der Stelle errichtet werden soll.
Damit setzt sich ein Trend fort: nach dem 2. Weltkrieg wurden in unserer Gegend mehr Synagogengebäude abgerissen, weil sie wirtschaftlichen Interessen im Wege standen, als die Nazis auf Grund ihrer Ideologie zerstörten.
Ehrstädt
Ehemalige Synagoge Ehrstädt (Mai)
Die ehemalige Synagoge von Ehrstädt liegt sehr zentral in der Eichwaldstraße im alten Ortskern. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die ersten jüdischen Einwohner in Ehrstädt registriert. Ihre Zahl stieg bis zum Jahre 1848 auf 70 an. Als die jüdische Gemeinde in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts begann, Pläne für eine eigene Synagoge zu schmieden, stellte die Finanzierung des Vorhabens zunächst das größte Problem dar, bis der Bau 1836 schließlich beginnen konnte.
In den folgenden Jahren verringerte sich die Zahl der Gemeindemitglieder jedoch wieder stetig aufgrund von Auswanderungen, so dass es 1900 nur noch fünf männliche Gemeindemitglieder gab und sich die jüdische Gemeinde 1912 endgültig auflöste. Die Synagoge wurde an einen Bauern verkauft, der sie fortan als Stall und Scheune nutzte. Darum wurde das Gebäude auch in der Reichspogromnacht 1938 nicht zerstört.
Heute gehört die ehemalige Synagoge der Stadt Sinsheim und wurde 2004/5 vollkommen renoviert. Was sofort auffällt, ist die große Glaswand an der Frontseite, die anstelle des alten Scheunentores eingesetzt wurde. Die ehemalige Synagoge steht mit ihrer kleinen Küche und dem lichtdurchfluteten Tagungsraum im ersten Stock Vereinen für Veranstaltungen jeglicher Art und für Ausstellungen zur Verfügung.
Eschelbach
Ehemalige Synagoge Eschelbach (Juni)
Um 1825/32 kaufte die jüdische Gemeinde in Eschelbach unter der Führung von Jakob Ackermann das Hintergebäude der Hirschhornstr. 21 und richtete dort ihre Synagoge ein. Im Vorderhaus wurden die Kinder der jüdischen Gemeinde unterrichtet.
Zwischenzeitlich lebten bis zu 57 Juden in Eschelbach. 1869 war die Anzahl der männlichen Gemeindemitglieder jedoch unter zehn gesunken, so dass kein Gottesdienst mehr abgehalten werden konnte und die Gemeinde vom Oberrat der Israeliten aufgelöst wurde. Der Anbau der Synagoge wurde zu einem Schuppen umgebaut und der Betsaal als Wohnraum genutzt. Nachdem es keine Juden mehr in Eschelbach gab, wurde das Gebäude von einer Eschelbacher Familie gekauft und in deren landwirtschaftlichen Betrieb integriert.
Heute steht das Haus leer bzw. dient nur noch als Abstellraum und der Besitzer spielt mit dem Gedanken, es ganz abreißen zu lassen.
Hilsbach
Ehemalige Synagoge Hilsbach (März)
Die im mittelalterlichen Ortskern (Mettengasse) von Hilsbach liegende Synagoge entstand 1814 durch den Umbau eines Wohnhauses. 1854 hatte die jüdische Gemeinde Hilsbach die größte Mitgliederzahl mit 76 Seelen. Durch Auswanderung in den Jahren zwischen 1844 bis 1861 wurde die Gemeinde zusehends kleiner. Dies führte im Jahre 1877 zur Auflösung der jüdischen Gemeinde bzw. zur Eingliederung der noch ansässigen Juden in die Gemeinde Sinsheim. Die Synagoge gelangte nach der Versteigerung des gesamten Inventars in den Besitz eines Landwirts, der sie zu einer Scheune umfunktionierte. Der Sandstein- und Fachwerkbau wird bis heute als Garage und landwirtschaftlicher Lagerraum genutzt.
(Hoffenheim)
Ehemalige Synagoge Hoffenheim
Im Jahre 1750 errichtete die jüdische Gemeinde von Hoffenheim eine Synagoge in der Neuen Straße, die damals noch Untergasse hieß. An dieses Gebäude wurde 1834 noch eine „Mikwe“, ein rituelles Bad, angebaut und 1865 wurde die Synagoge vollständig renoviert. Man geht davon aus, dass seit dem Ende des 14. Jahrhunderts Juden in Hoffenheim lebten. Um 1850 war die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder auf 227 angewachsen, was ungefähr 15% der damaligen Einwohner entsprach.
Während der Reichspogromnacht am 10. November 1938 wurde die Hoffenheimer Synagoge von SA-Angehörigen aus Hoffenheim und unter der Leitung des Obersturmbannführers aus Waibstadt zerstört. Das Grundstück ging zunächst in den Besitz der Stadtverwaltung über, wenig später wurde es jedoch an einen Hoffenheimer Bürger verkauft, der darauf eine Scheune errichten ließ. Heute wird dieses Gebäude als Garage genutzt. Von der Synagoge gibt es weder Pläne noch Fotos. Es existiert lediglich eine Skizze, die 1990 aus der Erinnerung gezeichnet wurde.
Rohrbach
Ehemalige Synagoge Rohrbach (Februar)
Die ehemalige Synagoge von Rohrbach liegt in der Heilbronner Straße 43. Von der Straße aus ist sie kaum zu sehen, weil sie von anderen Häusern verdeckt in einem kleinen Hof liegt. Von außen erinnern nur die Rundbogenfenster daran, dass dieses Gebäude einmal ein jüdisches Gotteshaus war.
Als die alte Synagoge der jüdischen Gemeinde Rohrbach 1832 baufällig geworden war, entschloss man sich, eine neue Synagoge zu errichten, die von Baumeister Friedrich Wundt geplant wurde. Zehn Jahre später baute dieser dann auch die Synagoge in Sinsheim mit fast identischem Grundriss. Eine jüdische Gemeinde bestand in Rohrbach schon seit 1729. Bis 1839 stieg die Anzahl ihrer Mitglieder auf 121 an, sank aber dann stetig wieder, bis es 1905 nur noch zwölf Juden in Rohrbach gab. Dies waren zu wenige männliche Mitglieder, um noch einen Gottesdienst abhalten zu dürfen, und so löste man die Gemeinde 1906 auf. Die Synagoge wurde an die politische Gemeinde Rohrbach verkauft, die sie als Wohn- und Gemeindehaus nutzte. Darum blieb sie auch von der Zerstörung in der Reichspogromnacht 1938 verschont.
Die neuen Besitzer, ein Restauratorenehepaar, renovieren die denkmalgeschützte Synagoge derzeit und möchte sie später als Wohnhaus selbst nutzen.
(Ergänzungen: Inzwischen wohnt Familie Böttcher längst in der ehemaligen Synagoge)
(Sinsheim)
Ehemalige Synagoge Sinsheim (November)
Die ehemalige Synagoge von Sinsheim befand sich auf dem Grundstück „Kleine Grabengasse 6“. Am 22. Mai 1835 wurde der Bau der Synagoge von Seiten der Stadt genehmigt. Zu dieser Zeit lebten in Sinsheim etwa 75 Juden. Quellen über eine jüdische Gemeinde in Sinsheim besagen, dass es seit 1705 Juden in der Stadt gab. Die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder stieg vor allem aufgrund der Gleichstellung (Emanzipation) der Juden in Baden im Jahre 1862 stetig an, bis zur höchsten Anzahl von 149 jüdischen Sinsheimern im Jahre 1890.
102 Jahre nach ihrer Erbauung wurde die Synagoge durch Sinsheimer SA-Angehörige am 10. November 1938 in der Reichspogromnacht zerstört. Heute ist von der Synagoge nichts mehr erhalten, lediglich der Grundstein kann im Sinsheimer Heimatmuseum besichtigt werden. An der Stelle, wo die Synagoge stand, befindet sich heute ein Mahnmal für die Zerstörung jüdischer Einrichtungen und Verfolgung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus.
Steinsfurt
Ehemalige Synagoge Steinsfurt (Juli)
Eine aus roten und gelben Backsteinen erbaute Synagoge befand sich im alten Ortskern von Steinsfurt (Dickwaldstrasse). Am Tag des jüdischen Laubhüttenfestes (im Jahre 1893) wurde der Grundstein für die Steinsfurter Synagoge gelegt. .... Seit dem Jahr ihrer Einweihung (13. Juli 1894) bis zum 1937 wurde die Synagoge für die Gottesdienste genutzt und die jüdische Gemeinde zählte bis zu 83 Mitglieder. Danach, während der 1930er Jahre, reduzierte sich die jüdische Gemeinde auf weniger als zehn Mitglieder. Dies führte zur Auflösung der jüdischen Gemeinde und die Steinsfurter Synagoge ging in Privatbesitz über. Deshalb wurde die Synagoge in Steinsfurt während der Reichspogromnacht nicht zerstört; auch nicht zu Beginn der 1980er Jahre, als geplant wurde, sie auf Grund der Erweiterung der Adersbacher Str. (heute: Dickwaldstrasse) abzureißen. Jedoch wurde auch dieses Vorhaben aufgrund von privaten Initiativen verhindert.
Heute ist die Steinsfurter Synagoge zwar noch in Privatbesitz, aber im Juli 2005 ist ein Erbpachtvertrag durch die Stadt Sinsheim ausgehandelt worden, der auf der Basis dieser Vereinbarung (als Unterpacht) auf den Sinsheimer Verein „Alte Synagoge Steinsfurt e.V.“ übergehen wird.
(Ergänzung: Vieles zur Steinsfurter Synagoge haben wir inzwischen genauer erforscht. Das ist hier zu finden. Auch die Übergabe an den Verein ist 2008 erfolgt.)
Weiler
Ehemalige Synagoge Weiler (April)
Die ehemalige Synagoge von Weiler befindet sich in der Kaiserstraße 95. Ursprünglich stand sie etwas außerhalb des Ortes, weil sie wegen der „Mikwe“, dem rituellen Bad, an einer Quelle gebaut wurde. Die Synagoge ist ein Fachwerkhaus aus Sandsteinen gemauert und hat im oberen Stock, dem Betsaal, sehr viele Fenster, da kein Platz für Schränke benötigt wurde.
Das Baujahr der ehemaligen Synagoge, 1797, ist noch heute über dem Eingang gut zu lesen. Allerdings wurde das Gebäude frühestens ab 1887 als Synagoge genutzt, weil die Gemeinde zuvor ihre Gottesdienste in der Kaiserstraße 52 abhielt.
Heute wird die ehemalige Synagoge als Wohnhaus genutzt, wobei der untere Stock noch immer wegen der Mikwe feucht und damit unbewohnbar ist. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.